KALEVALA

Die finnische Kultur zu Anfang des 19. Jahrhunderts

In der Zeit der schwedischen Herrschaft ließ die Stellung der finnischen Sprache viel zu wünschen übrig. In den Schulen und an der Universität wurde Schwedisch und Latein gesprochen. Die Sprache der Verwaltung war schwedisch. Finnisch sprach im wesentlichen nur die bäuerliche Bevölkerung; geistliche Literatur und Gesetzestexte waren praktisch die einzigen Schriften, die in finnischer Sprache erschienen.

Timo Setälä 1998. SKS An der Turkuer Universität hatte sich jedoch bereits Ende des 18. Jahrhunderts ein kleiner Kreis gebildet, der sich mit den Ideen der europäischen Romantik auseinandersetzte. Die Mitglieder dieses Kreises erkannten, daß die Sprache des Volkes sowie das Sammeln und Veröffentlichen von Volksdichtung große Bedeutung für die kulturelle Entwicklung des Landes hatten.

Als Teil des Russischen Reiches nahm Finnland eine Sonderstellung ein. Zwischen Schweden und Rußland gelegen, hatte es einerseits den Frieden im Nordwesten seiner neuen Schutzmacht zu sichern. Andererseits konnten sich die Finnen dank der vom russischen Zaren Alexander I. gewährten Autonomie nun als eigene Nation empfinden.

Neue kulturelle Verbindungen entstanden zur neuen Residenzstadt, St. Petersburg, doch auch die Grenzen zum ehemaligen Mutterland Schweden wurden nicht geschlossen. Die Ideen der Romantik gewannen mehr und mehr Einfluß. Man begann, Volksdichtung zu sammeln, zu erforschen und zu veröffentlichen.

Väinämöinen, die zentrale Gestalt in den alten Liedern, wurde zum Symbol der nationalen Wiedergeburt. Ein Pendant zu dem singenden und die Kantele spielenden Väinämöinen fand man in der griechischen Mythologie in der Gestalt des Orpheus, der ebenfalls die Gabe besaß, Zuhörer mit seinem Spiel in Bann zu schlagen.

Die jungen Turkuer Romantiker erkannten, daß eine eigenständige, auf der eigenen Sprache beruhende Kultur einem kleinen Volk die Ressourcen gibt, die es für seine Entwicklung braucht. Im Geist der Romantik entstanden die ersten als national empfundenen Kunstwerke.

top